Empfangen lernen – wenn „mehr machen“ nicht mehr weiter bringt

Von: Tamara | 1.November 2025 | Kategorie: Allgemein

Über die Kunst, sich führen zu lassen. Kontrolle abzugeben. Vertrauen zu entwickeln.

Kennst Du das Gefühl: Du hast eigentlich alles im Griff, bist erfolgreich, durchgetaktet, „funktionierst“ – und trotzdem fühlst Du Dich machmal innerlich leer?
Du hast gelernt, zu leisten. Noch ein Projekt, noch ein Ziel, noch ein Kurs, noch ein To-do.
Irgendwo im Kopf vielleicht das Wissen: Das ist nicht alles.

Aber Du machst weiter, „man muss ja“… Bis vielleicht irgendwann plötzlich der Körper sich meldet: mit Schlaflosigkeit, Verspannung, Kopfschmerzen, Verdauungsproblemen, Schilddrüsenbeschwerden, Erschöpfung und anderen diffusen Symptomen.
Und das, obwohl Du weißt, wie „Selbstfürsorge“ geht, schon zig Methoden, Kurse, Bücher ausprobiert hast.

Mir begegnet das ständig – bei mir selbst und bei Menschen, die zu mir kommen:
Da ist zum Beispiel die Frau, die im Job richtig was reißt, alle Bälle in der Luft hält, nach außen souverän wirkt – und nachts trotzdem wachliegt, weil ihr Körper einfach nicht abschalten will.
Oder jemand, der nach einer großen Veränderung – Trennung, Jobwechsel, Umzug – plötzlich merkt, wie fremd sich der eigene Körper anfühlt und wie schwer es ist, wirklich bei sich anzukommen.
Oder eine Mutter, deren Alltag rund läuft, die alles im Griff hat, aber im Herzen spürt: Da muss noch mehr sein als funktionieren und für andere da sein.
Oder der Mann, der früher sportlich und lebendig war, heute aber merkt, dass alles steifer wird, dass die Freude an Bewegung verloren gegangen ist – und die Sehnsucht bleibt, das Leben wieder im Körper und nicht nur im Kopf zu spüren.

Was all diese Menschen verbindet – und ja, mich selbst auch:
Wir sind Meister:innen im Senden, im Tun, im Leisten.
Aber empfangen?
Das ist ein Muskel, den die wenigsten von uns je wirklich trainiert haben…

Wieso geht es so vielen von uns Menschen so?

Die Welt, in der wir groß geworden sind, hat uns das nicht beigebracht.
Von klein auf lernen wir, zu liefern, Erwartungen zu erfüllen, „etwas aus uns zu machen“.
Wer nicht passt, wird angepasst – oder versucht, sich immer weiter zu optimieren, zu verbessern, zu „entwickeln“.

Der Preis?
Oft ein Körper, der nur noch als Maschine behandelt wird.
Ein Nervensystem im Dauer-Alarm.
Ein Gefühl von Getrieben-Sein, auch wenn nach außen alles läuft.
Und irgendwann: körperliche Symptome, Leerstellen, manchmal eine diffuse Traurigkeit oder Sinnlosigkeit, die sich nicht mehr wegmeditieren lässt.

Ich kenne das aus eigener Erfahrung:
Selbst als Körperarbeiterin nach Jahren von körperorientierten Methoden, Yoga, Meditation, war ich immer noch am Rennen. Selbst und ständig…
Noch ein Blogartikel, noch ein Instagram-Post, zwischen meinem schon vollen Terminkalender – bis ich mich emotional immer erschöpfter gefühlt habe. Mir die Sinnfrage gestellt habe.

Wie kann die Lösung aussehen?

Plötzlich war da das Bedürfnis nach Stille. Weniger tun und mehr vertrauen.
Erst war das schwierig, unangenehm. Die Existenzangst treibt an. Dann, nach einer Weile… befreiend. Weil ich gemerkt habe: wenn ich wieder mehr mit mir verbunden bin und wirklich das lebe was ich lehre, dann werde ich unterstützt vom Leben. Ich darf lernen zu empfangen, statt nur immer weiter zu senden.

Was heißt das, empfangen?
Für mich ist es die Kunst, wirklich zuzulassen, dass das Leben auch für mich sorgt.
Nicht immer zu pushen, zu kontrollieren, zu machen – sondern mich führen zu lassen, mich überraschen zu lassen.
Manchmal beginnt das mit der kleinen Entscheidung, einen Auftrag abzusagen, einfach mal krank zu sein, ohne schlechtes Gewissen, oder eine Einladung auszuschlagen, weil ich gerade Zeit für mich brauche. Es ist kein „sich gehen lassen“, sondern ein Wieder-Ankommen bei sich selbst.

Im Körper spürbar wird das oft erst, wenn ich die Kontrolle einen Moment loslasse. Ausatme. Und ja sage zu dem grade mal „nicht funktionieren“.
Wenn ich nicht sofort reagiere sondern wirklich fühle, was jetzt eigentlich da ist.
Manchmal ist das Taubheit, manchmal Angst, manchmal eine leise Freude – und manchmal einfach nur Ruhe.
Und ja, das braucht Mut.
Denn Empfangen konfrontiert uns mit dem, was wir sonst so gerne wegdrücken: Bedürftigkeit, Unsicherheit, alte Sehnsucht.

Ich sehe das auch im therapeutischen Kontext:
Die größten Durchbrüche passieren selten, wenn jemand alles richtig macht.
Sie passieren, wenn jemand sich zum ersten Mal traut, nicht zu wissen, nicht zu leisten, sondern einfach zu empfinden, was da ist – ohne Ziel, ohne Bewertung.
Und plötzlich wird aus dem Körper, der vorher nur „funktioniert“ oder „gestört“ hat, ein Verbündeter. Eine Oase, kein Feindbild.

Vielleicht ist Empfangen also die eigentliche Kunst.
Nicht noch ein Tool, nicht noch eine Methode, sondern eine Haltung.
Die Bereitschaft, sich führen zu lassen – von der eigenen Körperweisheit, vom Leben selbst, von dem, was auftaucht, wenn der ganze Aktivismus mal Pause macht.

Und für mich – und vielleicht auch für Dich – gibt es noch eine tiefere Dimension:
Manchmal ist es das höhere Selbst, die eigene Seele, das Göttliche oder wie immer Du es nennen willst, das Dich führt. Es hilft, Dich immer wieder daran zu erinnern, dass wir Teil von etwas Größerem sind. Was immer Dich trägt, was größer ist als das kleine Alltags-Ich – das ist für mich Teil von Empfangen.

Vielleicht ist es genau diese Anbindung, die uns in turbulenten Zeiten Halt gibt, wenn es laut is da Draußen und der Kopf keine Antworten mehr hat.

Ich weiß, das klingt erstmal ungewohnt, vielleicht sogar beängstigend.
Aber ich glaube, genau da beginnt Veränderung, die bleibt.
Nicht, weil Du Dich noch mehr anstrengst, sondern weil Du ruhiger wirst, ehrlicher, weicher mit Dir selbst.

Angebot

Wenn Du Lust hast, das zu erkunden – egal ob Du schon viel ausprobiert hast oder gerade erst losgehst: Im nächsten Jahr gibt es die 2. Runde mit der Somatic Flow Experience und andere Gruppen-Räume, in denen Du das erleben kannst.

Bis dahin:
Probier’s mal aus, weniger zu senden und mehr zu empfangen. Oder melde Dich gerne für eine persönliche Begleitung, online-offline, ganz wie es für Dich passt.

Dein Körper und das Leben selbst haben oft mehr für Dich bereit, als Du denkst.